"Touch the Future"

16.06.2016
drupa 2016

Die Zukunft des Drucker-Berufs in Print 4.0

Düsseldorf - Unter diesem Motto fand die diesjährige internationale print-media-Messe „drupa“ vom 31.05. bis 10.06.2016 statt. Mit neuer strategischer Ausrichtung, optimierter Messedauer und neuem Erscheinungsbild ging die führende Leitmesse für Print und Crossmedial Solutions an den Start. Unter dem Motto „touch the future“ wollte die drupa 2016 die Innovationskraft der Branche in den Fokus rücken und zugleich Zukunftstechnologien eine Plattform anbieten. Rund 1.800 Anbieter aus 54 Ländern stellten ihre Produkte und Dienstleistungen rund um den Megatrend ´Print 4.0 - digitale Vernetzung von Maschinen und Systemen´ in den 17 Messehallen aus. Größter Aussteller in diesem Jahr war das US-Technologieunternehmen HP (Hewlett-Packard). Es nahm gleich die gesamte Fläche der Halle 17 ein. In diesem Jahr erschien die drupa-Messe noch internationaler als in den Vorjahren. Über 300.000 Besucher aus 157 Ländern besuchten die Messe an den elf Öffnungstagen. Der Anteil der Besucher aus dem Ausland lag bei rd. 85 Prozent, in 2012 waren es etwa 70 Prozent gewesen, so die Leitung der Messe Düsseldorf.

Im Zentrum der diesjährigen drupa standen vor allem Zukunfts- und Highlight-Themen wie print, packaging production, multichannel, 3D-printing, functional printing oder green printing. Der Megatrend war jedoch sicherlich die Individualisierung und Personalisierung im Digitaldruck. Print 4.0 ermöglicht zum einen neue Lösungen für hochwertige Verpackungsprodukte, zum anderen bietet es herausragende Möglichkeiten für die rasch wachsende Vielfalt von Anwendungen im industriellen und funktionalen Druck. Die digitale Vernetzung von Maschinen und Systemen sind somit die Garanten für Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Druckindustrie, so die Meinung der meisten professionellen Messebeobachter. 

Eine weitere technische Innovation der drupa 2016 stellt das ´packaging production´ dar. Der globale Verpackungsmarkt wird nach aktuellen Prognosen zufolge bis zum Ende des Jahrzehnts auf 985 Millarden US $ ansteigen. Dem Thema wurde deshalb eine eigene Sonderschau mit rund 30 teilnehmenden Ausstellern gewidmet. Dort werden u.a. Lösungen für die unterschiedlichsten Anwenderindustrien, wie „Food & Beverage“, „Non-food“, „Pharma“ sowie „Cosmetics“ vorgestellt. Ein weiteres wichtiges Highlight war der sogenannte funktionale Druck. Weltweit gibt es bereits viele Anwendungsbeispiele für Printed Electronics. Dank dieser innovativen Drucktechnologie sind Touch-Sensoren auf Möbeloberflächen, Bluetooth-Lautsprecher aus Papier oder leitfähige Tinten heute bereits Realität. Entsprechende Anwendungsbeispiele im Sieb-, Digital- und Flexodruck-Verfahren wurden an mehreren Ständen vorgestellt. 

Generell ist gegenüber der letzten drupa 2012 festzuhalten, dass die neuen Maschinen-Generation sich insbesondere durch eine höhere Laufgeschwindigkeit, verkürzten Rüstzeiten und Automatisierungen in der Materiallogistik auszeichnet. Die neuen Maschinen bieten mehr Variabilität und Flexibilität; sie ermöglichen das effiziente Produzieren von kleinen Losgrößen bei neuentwickelten Produktserien, Markttests oder Nischen-Produkten.  

Zukunftstechnologie 3D-Druck

Einen zukunftsweisenden Schwerpunkt auf der diesjährigen drupa nahm der 3D-Druck ein. Beim 3D-Druck-Verfahren werden dreidimensionale Werkstücke schichtweise aufgebaut. Der Aufbau erfolgt computergesteuert aus einem oder mehreren flüssigen oder festen Werkstoffen nach vorgegebenen Maßen und Formen (CAD). Beim Aufbau finden physikalische und/oder chemische Härtungs- oder Schmelzprozesse statt.  Typische Werkstoffe für das 3D-Drucken sind Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und Metalle. Der 3D-Druck ist ein generatives Fertigungsverfahren, welches nach dem Fertigungsprinzip auch als additive Fertigung bezeichnet wird. Man unterscheidet generell sechs Verfahrensvarianten: Thermischer 3D-Druck (FDM), Polyjet (PJM), 3D-Druck (3DP), Stereolithographie (SL), Digital Light Processing (DLP) und das Selektive Sintern und Schmelzen (SLS/SLM). Der Fertigungsprozess erfolgt direkt auf der Basis der rechnerinternen Datenmodelle aus formlosem (Flüssigkeiten, Pulver u. ä.) oder formneutralem (band-, drahtförmig) Material.

Obwohl es sich um urformende Verfahren handelt, sind für ein konkretes Erzeugnis keine speziellen Werkzeuge erforderlich, die die jeweilige Geometrie des Werkstückes gespeichert haben, wie z.B. Gussformen. Gegenüber dem Spritzgussverfahren hat das 3D-Drucken den Vorteil, dass das aufwendige Herstellen von Formen und das Formenwechseln entfällt. Das 3D-Drucken hat gegenüber den Material abtragenden Verfahren (wie Schneiden, Drehen, Bohren) den weiteren Vorteil, dass ein Materialverlust entfällt. Darüber hinaus ist der Vorgang meist energetisch günstiger, weil das Material nur einmal in der benötigten Größe und Masse aufgebaut wird.

Generative Fertigungsverfahren bzw. Additive Manufacturing dienen zur schnellen und kostengünstigen Fertigung von Modellen, Mustern, Prototypen, Werkzeugen und Endprodukten. Sie werden heute zur Prototypenentwicklung in den Bereichen Kunst und Design, Architektur, Modellbau, Maschinenbau, Automobilbau und im Bauwesen (contur-crafting) eingesetzt. Zur Serienfertigung kommt der 3D-Druck gegenwärtig in der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie in der Medizin- und Zahntechnik zum Einsatz. Daneben gibt es weitere Anwendungen im Heim- und Unterhaltungsbereich (s.u.). Breite Anwendungsmöglichkeiten werden zukünftig vor allem im Ersatzteilgeschäft im Maschinenbau aber auch in der Verpackungsindustrie und im Bioprinting erwartet.  Die arbeitsplatzbezogenen Gesundheitsgefahren in der Additiven Fertigung sind bisher kaum untersucht. Die Berufsgenossenschaft ETEM hat deshalb eine branchenüber-greifende Arbeitsgruppe gebildet. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, einen Überblick des internationalen Marktes zu erlangen, die Verbreitung in der betrieblichen Praxis zu ermitteln, eine Vernetzung mit den Akteure zu inszenieren und Handlungsfelder für den Arbeits- und Gesundheitsschutz abzuleiten. Neben den arbeitsplatzbezogenen Gesundheitsgefahren führt das Potenzial, Formen digital zu verbreiten und zu reproduzieren, auch zu erheblichen Diskussionen über zukünftige Lösungen im Urheberrecht bzw. Patentrecht. Insbesondere die Bereiche Design, Architektur und Kunst sind davon betroffen. Als Bildungsinstrument wird der Einsatz des 3D-Druckers bereits an Schulen in den USA und Großbritannien erprobt. Nach dem erfolgreichen Abschluss einer Testphase plant das britische Bildungsministerium die flächendeckende Ausstattung von öffentlichen Schulen mit 3D-Druckern zu forcieren. Ziel der USA ist es, im laufenden Jahrzehnt alle öffentlichen Schulen mit 3D-Druckern auszustatten.            

Beschäftigungsentwicklung in der Druck- und Papier und Pappe verarbeitenden Industrie

Den Begriff ´drucken´ beanspruchten einst die Jünger Guttenbergs für sich: Ihre Maschinen übertrugen Druckfarbe unter Einwirkung von mechanischen Drucks auf das Papier. Diese Zeit ist schon lange Vergangenheit. Bereits die Inkjet-Technologie wurde dem Begriff ´drucken´ nicht mehr gerecht, da in diesem Verfahren kein Kontakt zwischen bildgebendem Medium und Bedruckstoff stattfindet. Vollends absurd mutet heute der Begriff ´3D-Druck´ an. Nicht nur der Bedruckstoff ist aus diesem Prozess verschwunden. Auch die Materialien, aus denen die 3D-Objekte entstehen, haben mit Druckfarbe nichts mehr gemein.

Die Entwicklung der Beschäftigungszahlen in der Druckindustrie erscheint vor dem Hintergrund dieser technologischen Innovationen völlig offen. Nach Angaben des Zentral-Fachausschusses Berufs Bildung Druck und Medien (ZFA) hat die Zahl der Ausbildungsverhältnisse in 2015 gegenüber dem Vorjahr um 3,83 v.H. abgenommen. Sie liegt gegenwärtig bei 12.663 (2014: 13.167). Der Rückgang fiel bei den Berufen in der Drucktechnik (- 6,1 %) und in der Druckweiterverarbeitung (- 6,0%) besonders deutlich aus. Bei den in 2015 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen standen die Mediengestalter ´Digital´ und ´Print´ mit 66,7 % an der Spitze, gefolgt von den Medientechnologen Druck mit einem Anteil von 16,0 %, den Packmittel-Technologen mit 8,2 %, den Medientechnologen Druckverarbeitung mit 5,3 %, den Medientechnologen Siebdruck mit 2,6 %, den Buchbindern mit 1,2 % sowie den Mediengestaltern Flexografie mit 0,04 %.

In der Druckindustrie waren im Jahresmittel 2015 laut statistischem Bundesamt 70.464 Beschäftigte in 700 Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten erfasst. Zum 31. Dezember 2015 waren es nur noch 69.421 in 690 Betrieben (- 2,3%). Insgesamt waren 2015 in der Druckindustrie (alle Klein- und Großbetriebe) jedoch noch 141.755 sozialversicherungs­pflichtig Beschäftigte tätig (Agentur für Arbeit). In der Papier- und Pappe verarbeitenden Industrie sind nach ver.di-Schätzungen gegenwärtig rund 100.000 Kolleginnen und Kollegen beschäftigt.

Die neuen Generationen von Druckmaschinen müssen einfach und intuitiv zu bedienen sein,- so einfach wie ein Smartphone, meint der CEO von Heidelberg-Druck in einem Zeitungs-Interview. Der einzige Knopf müsse der zum Unterbrechen des laufenden Druckvorgangs sein. Das einzige Land, in dem Drucker ein Ausbildungsberuf sei, sei Deutschland. Eine Druckmaschine müsse künftig aber auch von jemanden bedient werden, der Metzger gelernt habe oder Taxi gefahren sei, so die Erwartungen des Heidelberg-Chefs, Georg Linzbach.

Die zukünftigen Entwicklungen in der Druck- und Papier und Pappe verarbeitenden Industrie bleiben abzuwarten. Trotz aller technischen Innovationen werden die Restrukturierungsprozesse in der Druckbranche weiter anhalten. Alte „Rezepte“, wie Downsizing, Outsourcing, Schließungen, Verlagerungen in Subunternehmen, Fusionen und Cost Cutting werden vermutlich weiterhin auf der Agenda stehen. Die zeitweilige Hochwassergefahr des Rheins und der vereitelte IS-Terroranschlag in der Düsseldorfer Altstadt waren für viele Besucher der drupa 2016 sicherlich eine ganz andere neue Erfahrung. (ha)